Wie soll man die Ohren reinigen?

Auf keinen Fall mit Wattestäbchen! Und die „Wattestäbchen“ heißen schon mal gar nicht „Ohrenstäbchen“, eben genau deswegen: weil sie nicht in die Ohren gehören!

Schlingen, Ösen und Häkchen in diversen Größen für die Gehörgangsreinigung

Die Gehörgänge verfügen über einen Selbstreinigungsmechanismus. In der Tiefe des Gehörganges wird Talg produziert (in den sog. „Ceruminaldrüsen“, deshalb nennt man diese Substanz auch „Cerumen“: es ist Ohrenschmalz). Dieses zähflüssige Fett rutscht langsam – im Laufe mehrerer Wochen – nach außen. Schmutzpartikel, Stäube, aber auch abgeschilferte Epithelzellen (das sind die Zellen der Deckschicht der Haut) werden festgeklebt und rutschen mit nach außen. Auf der bereits vorhandenen dünnen Cerumenschicht im Gehörgang „fließt“ das Cerumen leicht – der Gehörgang ist ja gefettet. Zugleich fettet das fließende Cerumen den Gehörgang neu, so dass das nachfolgende Cerumen wiederum leicht nach außen fließen kann. Wenn man diesen Mechanismus nicht stört, bleibt die Cerumenschicht im Gehörgang stets sehr dünn und der Gehörgang stets sauber. Diese dünne Cerumenschicht liegt als Schutzfilm über der empfindlichen Gehörgangshaut und sorgt dafür, dass keine Krankheitserreger eindringen können (Cerumen hat sogar eine schwache antibiotische Wirkung!). Das Cerumen, das seine „Reise“ aus der Tiefe des Gehörganges hinter sich hat, wird als Überschuss im Gehörgangs-Eingang sichtbar. Nur von dort soll man es entfernen. Also: Jeden Tag wird in der Tiefe des Gehörgangs eine Tagesration Cerumen produziert. Und jeden Tag kommt eine Tagesration Cerumen außen im Gehörgang an. Wie groß die Tagesration ist, kann man nicht sagen: Sie ist bei jedem Menschen anders. Und wie lange das Cerumen im Gehörgang unterwegs ist, kann man auch nicht sagen: Die Zeit ist bei jedem Menschen anders.

Eine „Gehörgangsreinigung“ mit Wattestäbchen stört den Selbstreinigungsmechanismus. Die äußeren Anteile des Gehörganges werden durch die Wattestäbchen fettfrei geputzt. Dabei wird die Gehörgangshaut auch aufgeraut. Das in der Tiefe befindliche Cerumen fließt auf dem Fettfilm zunächst ungehindert nach außen – bis es auf die fettfreie und aufgeraute („Schmirgelpapier“) Außenzone des Gehörganges kommt. Dort kann es nicht mehr so einfach weiterfließen und gerät ins Stocken. Von innen drückt neues Cerumen nach, das auch nicht weiterfließen kann. So entstehen Cerumenpfröpfe, die immer größer werden, bis sie den ganzen Gehörgang verstopfen. Sobald der Gehörgang verschlossen ist, ist das Ohr schwerhörig. Manchmal verschließt sich auch der Gehörgang auch schon eher, wenn die Cerumenpfröpfe allein noch nicht den Verschluss bewirken können: gelangt nämlich Wasser in das Ohr, dann quillt der Cerumenpfropf auf und verschließt den Gehörgang. Verdunstet das Wasser im Laufe des Tages, kann der Pfropf wieder etwas eintrocknen, dabei kleiner werden und einen Teil des Gehörganges wieder freigeben, was einen sofortigen Rückgewinn des Hörvermögens zur Folge hat. Die Patienten glauben dann, dass nur das Wasser den Gehörgang verstopft habe und sie fast einen ganzen Tag gebraucht haben, bis sie das Wasser wieder aus dem Ohr herausbekommen hätten. Tatsächlich kann sich ein einzelner Wassertropfen in einem nicht mit Cerumen angefüllten Ohr nicht lange halten.

Das Gefühl, wenn sich das Ohr plötzlich verstopft, ist äußerst unangenehm! Nimmt man dann bei einem neuen Reinigungsversuch wieder Wattestäbchen, dann drückt man diese Cerumenpfröpfe nach innen (wie bei einem alten „Vorderlader“), bis sie irgendwann auf dem Trommelfell liegen und dort Schmerzen verursachen! Heraus bekommt man die Pfröpfe mit Wattestäbchen nicht: es wird mit Wattestäbchen also nicht besser, sondern nur schlimmer.

Wattestäbchen haben noch einen weiteren unangenehmen Nebeneffekt: oben habe ich bereits darauf hingewiesen, dass der Cerumenfilm ein Schutzfilm für den Gehörgang darstellt. Die Wattestäbchen „fräsen“ diesen Schutzfilm geradezu heraus.

Wattestäbchen: Im Vergleich zu unseren Geräten simpel und grob!

Watteträger ist nicht gleich Watteträger! Unsere Watteträger sind präzise!

Dabei schmieren sie die Keime (Bakterien) in die Zwischenzellräume so wie man mit dem Messer die Butter ins Brot kratzt! Kein Wunder, dass die Gehörgänge sich dann entzünden und schmerzen. Übrigens: auch Juckreiz ist ein Schmerzreiz! Nur eben ein „unterschwelliger“! Auch der Juckreiz ist ein Zeichen der Gehörgangsentzündung. Nimmt man jetzt Wattestäbchen, um den Juckreiz zu stillen, dann legt man damit den Grundstock für den neuen Juckreiz! Mit Wattestäbchen erreicht man also zweierlei: man kratzt das Ohr (weil es juckt) und man „kitzelt“ das Ohr (so dass es weiter juckt)!

Wattestäbchen können auch leicht zu Verletzungen führen! Dabei sind die Hautablederungen im Gehörgang noch am harmlosesten! Leicht kann man auch das Trommelfell perforieren, was bleibende Schwerhörigkeiten zur Folge haben kann! Es ist sogar schon vorgekommen, dass Patienten sich zum Reinigen der Ohren so ungünstig in die Nähe einer Tür gestellt haben, dass – als jemand von außen schwungvoll die Tür öffnete – diese gegen den Ellbogen der Patienten flog. Mit gleichem Schwung schoss am anderen Ende des Arms das von der Hand festgehaltene Wattestäbchen in die Tiefe des Gehörganges, durchbohrte dabei das Trommelfell, zerfetzte die Gehörknöchelchenkette und drang durch den dünnen Knochen der mittleren Mittelohrwand bis in das Innenohr, wo es eine lebenslange Taubheit hinterließ! Glücklicherweise sind solche Katastrophen sehr selten. Aber man muss sie ja nicht heraufbeschwören! Hinterher heißt es dann: „das konnte ich ja nicht ahnen“!

Wie soll man also die Ohren reinigen?

Normalerweise reicht es absolut aus, hin und wieder – am besten täglich – die sichtbaren Cerumenüberschüsse im Gehörgangseingang mit dem Finger und einem Kosmetik- oder Papiertaschentuch zu entfernen. Sollte das Cerumen trocken und krümelig sein, ist es hilfreich, etwa 1 mal pro Woche ein Tröpfchen Babypflegeöl in den Gehörgang zu tropfen.

Erwachsene können (nur am eigenen Körper!) auch versuchen, beim Duschen vorsichtig die Ohren zu spülen. Das ist aber eine etwas heikle Empfehlung, weil man auch dabei Verletzungen produzieren kann! Man muss nämlich wissen, dass die beiden Trommelfelle am Ende der beiden Gehörgänge diese nicht „gerade“ verschließen (so wie ein Deckel auf einer runden Dose), sondern so in den Gehörgängen „stehen“ wie der Bug eines Schiffes. Wenn man mal seine eigenen Hände so zusammenlegt, dass sie einen Schiffsbug bilden, dann sieht man, dass zwischen Hand und (gedachtem) Gehörgang der Winkel hinten/oben groß und flach ist, während er vorn/unten klein und spitz ist. Der Wasserstrahl aus der Dusche (niemals stärker als „mittel“!) soll also nach hinten/oben gerichtet sein: vorn/unten könnte er eine Perforation „schießen“. Außerdem sind die Gehörgänge in sich geknickt; will man diesen Knick ausgleichen, dann muss auch die Ohrmuschel nach hinten/oben gezogen werden. Denkt man sich das Zifferblatt einer Uhr auf die Ohrmuschel gelegt, dann ist bei einem rechten Ohr „hinten/oben“ da, wo der kleine Uhrzeiger bei 10.30 Uhr steht und bei einem linken Ohr ist „hinten/oben“ da, wo der kleine Uhrzeiger bei 01.30 Uhr steht. Aber bitte Vorsicht beim Spülversuch – und im Zweifelsfall das Spülen lieber ganz lassen! Keinesfalls dürfen Eltern die Ohren ihrer Kinder unter der Dusche spülen!

Equipment für die professionelle Ohrspülung in der HNO-Praxis

Kleine Zängchen (nach „Hartmann“) für Behandlungen im Gehörgang

Sind die Ohren mal verstopft oder nässen sie sogar, dann bleibt nur der Gang zum Ohrenarzt. Unter der Sicht mit einem Operationsmikroskop ist es keine Schwierigkeit, locker sitzende Cerumenpfröpfe schmerzlos zu entfernen (wobei – je nach Befund – außer der Spülung auch mal Häkchen, Ösen, Zängchen oder Sauger zum Einsatz kommen). Sind die Cerumenpfröpfe aber erst mal in die Tiefe auf das Trommelfell geschoben und zusammengedrückt (komprimiert) worden, dann ist eine schmerzlose Entfernung kaum mehr möglich! Unter dem Druck des Pfropfes entzündet sich auch sehr schnell der Gehörgang, was so absolut rein gar nichts zur Schmerzlinderung beiträgt!

Also liebe Leute: seid bereits bei Euren eigenen Ohren zurückhaltend mit Wattestäbchen und Manipulationen im Gehörgang! Aber drückt um Himmels Willen nicht bei Euren Kindern das Ohrenschmalz zurück in die Tiefe der Gehörgänge! Beim Ohrenarzt gibt es dann ein großes Geschrei und im Extremfall muss das Cerumen unter Narkose entfernt werden! Wenn es unbedingt sein muss (ich weiß nicht, ob es unbedingt sein muss!), darf man die Ohrmuschel vorsichtig mit Wattestäbchen reinigen – stets nur soweit, dass man immer den ganzen Wattebausch des Stäbchens sehen kann! Niemals darf die Spitze des Wattebausches soweit „versenkt“ werden, dass sie unsichtbar wird! Also Finger weg von den Gehörgängen! Man erspart sich und den Kiddies damit eine Menge an Qualen!

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