Otoakustische Emissionen

Im Innenohr werden die Schallwellen in elektrische Erregungen umgewandelt. Diese elektrischen Erregungen „laufen“ durch den Hörnerv in das Gehirn, wo sie bewußt werden. Erst im Gehirn wird aus Schall ein Höreindruck.

Schemazeichnung des Innenohres mit einlaufender „Wanderwelle“. Die Haarzellen sind unten rechts (Eine Reihe „Innere Haarzellen“ und drei Reihen „Äußere Haarzellen“. „Außen“ ist also rechts im Bild.

Das Innenohr ist sehr kompliziert aufgebaut. Das muß so sein, damit es seine Aufgabe erfüllen kann. Für das eigentliche Umwandeln von Schall in Elektrizität stehen Sinneszellen zur Verfügung: die inneren Haarzellen. Neben den inneren gibt es noch äußere Haarzellen. Lange Zeit glaubte man, daß die äußeren Haarzellen auch Sinneszellen seien. Inzwischen weiß man, daß das nicht so ist. Die äußeren Haarzellen enthalten kleine Muskelfasern, so daß sie sich bewegen können! Bei jeder Bewegung dieser äußeren Haarzellen entstehen aber auch Schallwellen und diese können nun „rückwärts“ aus dem Ohr herauskommen – ganz, ganz leise natürlich! Kein Wunder, daß die Forscher staunten, als sie das herausfanden – ist es doch gleichsam so, als ob die Augen selber leuchten könnten!

Die äußeren Haarzellen erfüllen durch ihre Beweglichkeit wichtige Funktionen: erstens erhöhen sie die Trennschärfe zwischen zwei benachbarten, verschieden hohen Tönen und zweitens erhöhen sie die Empfindlichkeit des Ohres im Bereich sehr leiser Töne – wobei im Bereich sehr lauter Töne die Empfindlichkeit gleichzeitig herabgesetzt wird.

Wenn nun also die äußeren Haarzellen gesund sind, dann ist das Ohr im Bereich sehr leiser Töne sehr empfindlich: es kann also keine Schwerhörigkeit vorliegen. Andererseits gilt aber auch: wenn die äußeren Haarzellen gesund sind, dann sendet das Ohr selbst ganz leise Töne aus. Daraus folgt unmittelbar: wenn man nachweisen kann, daß das Ohr diese leisen Töne aussendet, dann kann es nicht schwerhörig sein.

Transitorische otoakustische Emissionen (TOAE)

Der Nachweis dieser im Ohr selbst entstehenden Töne – man nennt sie „otoakustische Emissionen“ – ist durch aufwendige Rechnertechnik seit 1978 möglich. Inzwischen hat die Methode Eingang in die Praxen gefunden.

Diese Untersuchungsmethode eignet sich sehr gut als „Suchtest“ („Screening-Methode“) zum schnellen Aufspüren von Schwerhörigkeiten, besonders im Kindesalter, wobei sogar Neugeborene schnell und sicher untersucht werden können. Eine Reihenuntersuchung auf Schwerhörigkeit bei allen Kindern wird zur Zeit von den Krankenkassen nicht bezahlt. Dennoch ist eine möglichst frühzeitige Diagnose einer eventuellen Schwerhörigkeit von besonderer Wichtigkeit für die weitere Entwicklung der Kinder. Der Vorteil der Methode liegt in der Schnelligkeit der Messung. Außerdem braucht man zur Messung keine Sedierung (keine Beruhigungsmittel). Sie setzt lediglich eine ruhige Umgebung und peinlich saubere Gehörgänge voraus. Deshalb ist sie sehr gut geeignet, bei Kindern das Hörvermögen zu überprüfen, selbst wenn sie noch sehr klein sind.

Distorsionsprodukte sind auch otoakustische Emissionen: DPOAE

Als Belegarzt des St.-Johannisstiftes habe ich in Kooperation mit dem St.-Johannisstift die Hör-Screening-Untersuchung für alle Neugeborenen der geburtshilflichen Abteilung des St.-Johannisstiftes als Routineuntersuchung eingeführt.

Wenn die Messung wegen schlechter Messbedingungen oder Störungen keine sichere Aussage zulässt oder aber sicher feststellt, daß die äußeren Haarzellen keine Töne aussenden, dann kann man umgekehrt nicht darauf schließen, ob und ggf. wie schwerhörig der Patient ist. Dann müssen in jedem Fall weitere Untersuchungen erfolgen (ggf. auch in Sedierung).